Studien • LINK Panel
Die Politisierung der Grenzen und ihre Auswirkungen auf die Schweizer Meinungsbildung
LINK • 21. Oktober 2022
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Im September 2020 stimmte die Schweizer Bevölkerung über die Initiative «Für eine massvolle Zuwanderung» ab, die auf nationaler Ebene mit über 60 % abgelehnt wurde. Ausserdem fand die Initiative in denjenigen Kantonen, welche am meisten auf Grenzgänger angewiesen sind, ein gemischtes Echo: Während sie in den Kantonen Basel-Stadt (knapp 75 % Nein-Stimmen), Waadt (71 % Nein-Stimmen) und Genf (69 % Nein-Stimmen) am schlechtesten abschnitt, erzielte sie im Tessin (53 % Ja-Stimmen) eines ihrer besten Ergebnisse.
Inspiriert von dieser Abstimmung lancierten im Herbst 2020 zwei Tessiner Politologen der Universität Lausanne (UNIL), Andrea Pilotti und Oscar Mazzoleni, ein Forschungsprojekt über die Politisierung der Grenzen und deren Auswirkungen auf die Meinungsbildung in der Schweiz. Die wichtigsten Ergebnisse wurden im Sommer dieses Jahres an der Universität Lausanne im Rahmen eines Studientags der Forschungsgruppe LABOR SwissLux zu grenzüberschreitender Beschäftigung, Mobilität und Identität vorgestellt.
Als Grundlage für die Arbeit der Forscher diente eine Meinungsumfrage in den Kantonen Genf, Tessin und den beiden Halbkantonen von Basel, welche mit Hilfe der LINK durchgeführt wurde. Hierfür wurden vom 28. September bis 09. Oktober 2020 744 Genfer/innen, 913 Tessiner/innen sowie 746 Basler/innen befragt. Die drei Grenzkantone wurden ausgewählt, weil sie wirtschaftliche, politische und institutionelle Unterschiede aufweisen und laut dem Forscherteam einen Ausschnitt der verschiedenen Arten, wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa angegangen werden kann, aufzeigen.
Drei Modelle des Umgangs von Kantonen mit ihrer Grenznähe
Die drei untersuchten Schweizer Kantone stehen stellvertretend für zwei Reaktionen auf Grenzveränderungen und zwei Arten des Umgangs mit der Nähe zum Ausland, die sich in der Schweiz als auch in Europa beobachten lassen: Ein «kooperatives» Modell, bei welchem die Akteure grenzüberschreitende Vereinbarungen treffen, und ein «konfrontatives» Modell, welches mit Euroskepsis verbunden ist und sich durch die dauerhafte Präsenz politischer Akteure auszeichnet, die sich sehr kritisch zur Öffnung der Grenzen äussern. Während Basel den Studienergebnissen nach zu urteilen ein Beispiel für ein kooperatives Modell ist, verfolgt das Tessin einen konfrontativen Ansatz. Genf wiederum steht für ein hybrides Modell.
«Die Geschichte und die früheren Entscheidungen der Akteure in jedem Gebiet tragen zur Meinungsbildung bei», so Studien-Co-Autor Andrea Pilotti. Denn: Bereits in den 1960er Jahren bekundete die Region Basel den Willen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu fördern, und im Kanton Genf wurde diese Anfang der 1970er Jahre institutionalisiert. Im Tessin hingegen besteht die Zusammenarbeit über die Grenzen hinaus erst seit 1995.
Weitere Ausführungen der Studienautoren zu den Ergebnissen der Studie sowie deren Hintergründe, unter anderem der Einfluss politischer Parteien auf das kantonal unterschiedliche Abstimmungsverhalten, finden Sie in einem Artikel von swissinfo (auf Französisch und Portugiesisch verfügbar).
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