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Interview zum Jubiläum: Dr. Jella Hoffmann, Executive Director of Research and Development (WEMF AG für Medienforschung)
LINK • 30. Juli 2021

Bereits seit über 30 Jahren unterstützt die LINK die WEMF AG für Medienforschung bei der Durchführung der MACH Basic. Für die Schweizer Leserschaftsstudie werden valide Daten zu Reichweiten und Nutzerstrukturen für rund 300 Pressetitel und Kombinationen erhoben. Anlässlich unseres 40-jährigen Jubiläums haben wir mit Dr. Jella Hoffmann, Executive Director of Research and Development der WEMF, zur aktuellen Lage in der Medienforschung und ihrer Zusammenarbeit mit der LINK gesprochen.
Frau Dr. Hoffmann, Sie arbeiten seit 2012 bei der WEMF – eine lange Zeit. Was ist der besondere Reiz an der Medienforschung?
Mit durchschnittlich über sechs Stunden Nutzungszeit täglich prägt der Medienkonsum unseren Alltag wie keine andere Aktivität. Da ist es für mich immer wieder spannend, zu analysieren, wer wie häufig welche Medien nutzt und wie sich dies im Zeitverlauf entwickelt.
Besonders reizvoll an der branchenübergreifenden Medienforschung, wie sie die WEMF macht, ist einerseits die direkte Praxisrelevanz und andererseits der hohe Anspruch an die methodische Qualität. Unsere Studien zeichnen sich ausserdem aus durch grosse Stichproben, umfangreiche Datensätze, ausgefeilte Data Science-Verfahren und userorientierte Analyse-Tools. Dies alles lässt mein Datenherz höher schlagen.
Die WEMF führt viele verschiedene Mediastudien in regelmässigen Abständen durch. Haben Sie einen thematischen Favoriten?
Gerade dieses breite Themenspektrum, von Print, Digital, Kino, Sponsoring usw. bis zu Psychografie und Konsumverhalten, das wir mit unserer Forschung abdecken, finde ich besonders interessant. Zum Glück muss ich mich nicht zwischen den zahlreichen Studien entscheiden.
Können Sie abschätzen, ob und wie sich die Pandemie langfristig auf die Medienbranche und die damit verbundene Medienforschung auswirken wird?
Die Corona-Krise wirkt in vielen Bereichen wie ein Katalysator. Sie beschleunigt oder akzentuiert bestehende Trends. Beispielsweise führte der Digitalisierungsschub, kombiniert mit einem mindestens zwischenzeitlich erhöhten Informationsbedürfnis zu deutlich höheren Zugriffszahlen auf Schweizer Mediensites sowie einen erheblichen Zuwachs an Digitalabos. Auf ihren digitalen Kanälen, aber auch in ihren Printpublikationen konnten die Schweizer Medienhäuser zeigen, was sie in Sachen aktueller Information, Hintergrundanalysen und Datenjournalismus draufhaben. Besonders erfreulich ist dabei der Zuwachs an digitalen Abos. Erstens weil Abos eine gewisse Nachhaltigkeit implizieren und weil sie zweitens zeigen, dass Schweizer Newskonsumenten endlich bereit sind, für publizistische Online-Inhalte zu bezahlen.
Gleichzeitig sind jedoch generelle Rückgänge bei den Werbeumsätzen sowie ungünstige Effekte bei den von der Pandemie insbesondere betroffene Medien, wie z.B. dem Kino, zu beobachten. Ob diese Negativtrends im «New Normal» wirklich anhalten, respektive, ob und welche Angebote als Phönixe aus der Corona-Asche emporsteigen, wissen wir vermutlich erst in frühestens ein bis zwei Jahren.
Gibt es andere Trends, die aus Ihrer Sicht die Medienforschung in naher Zukunft beschäftigen werden?
Methodisch geht der Weg erstens noch stärker in Richtung Digitalisierung, sowohl bei der Programmierung und Datenverarbeitung als auch bei der Datenerhebung selbst. Zweitens werden Forschungsansätze – und das sehen wir auch im internationalen Vergleich – zunehmend hybrider. Das heisst, sie kombinieren nicht nur verschiedene Erhebungsmethoden, sondern auch verschiedene Datenquellen. Dabei werden komplexe Data Science-Verfahren wie umfassende Gewichtungen, Modellierungen und Datenfusionen immer wichtiger.
Ganz generell werden verlässliche, transparente und für alle Marktteilnehmer vergleichbare Nutzungsdaten in einem zunehmend volatilen Umfeld wichtiger denn je sein. Der Wunsch wird bleiben, Zielgruppen genau zu verstehen sowie diese nicht nur zu erreichen, sondern in einem passenden und sicheren Kontext zielgenau ansprechen zu können.
Die LINK erhebt die Schweizer Daten für die MACH Basic. Was muss ein gutes Partnerunternehmen mitbringen, um mit Ihnen gemeinsam eine Studie dieser Grössenordnung durchzuführen?
Für über 15’000 Interviews jährlich – verteilt über 12 Monate und an allen Tagen der Woche – ist natürlich eine gewisse Infrastruktur und kontinuierliche Feldpower Grundvoraussetzung. Mindestens so wichtig sind aber die Kompetenz und Bereitschaft, die methodische Komplexität und den hohen Qualitätsanspruch der MACH Basic zu bewältigen. Zudem erwarten wir vollste Transparenz und proaktive Lösungsvorschläge, wenn einmal nicht alles perfekt läuft.
Die Zusammenarbeit mit der LINK besteht bereits seit 30 Jahren. Was sind die Vorteile einer so langfristigen Partnerschaft bei einem Projekt wie der MACH Basic?
Durch die lange Zusammenarbeit hat LINK eine grosse, studienspezifische Fachkompetenz aufgebaut, die für das Projekt natürlich von Vorteil ist. Zudem kennt man sich gut: Die LINK weiss, was wir von ihr erwarten und wir kennen vielleicht wie kaum eine andere Auftraggeberin die Arbeitsweise und Prozesse der LINK. Die verantwortlichen Personen auf beiden Seiten arbeiten teilweise schon sehr lange zusammen. So schätze ich das MACH-Team der LINK auch persönlich sehr, nicht nur als Durchführungspartner.
Welche besonderen Herausforderungen bringt die MACH Basic mit sich?
Die MACH Basic ist die offizielle Printwährung der Schweiz, ihre Daten werden vom gesamten Medien- und Werbemarkt genutzt. Auf Basis ihrer Daten werden jährlich weit über 700 Mio. CHF Mediaspendings alloziert. Es sind also eine höchste Repräsentativität der Stichprobe, eine vollständig neutrale und für alle Titel gleiche Erhebung sowie eine äusserst sorgfältige Datenaufbereitung gefordert. Die Fehlertoleranz ist Null.
Wie hilft LINK, diese Herausforderungen zu lösen, und wodurch zeichnet sich die LINK als Partnerin für Sie aus?
In den vielen Jahren der Zusammenarbeit war die LINK für uns immer ein Partner, auf den wir uns verlassen konnten. Gerade der bis dieses Jahr langjährige Hauptverantwortliche für die MACH Basic hatte nicht nur vertiefte Medienforschungskenntnisse und methodische Kompetenzen, sondern auch das Bewusstsein, wie wichtig uns Qualität bis ins letzte Detail ist. Jetzt hat das neue MACH-Team der LINK übernommen und wir freuen uns hier auf eine hoffentlich ebenso erfolgreiche Zusammenarbeit.
Studien, in denen die Reichweite von Printtiteln gemessen wird, gibt es auch in anderen Ländern. Sind die Reichweiten vergleichbar?
Die WEMF tauscht sich regelmässig mit den Forschungsorganisationen anderer Länder aus. Die jeweiligen Printreichweiten sind inhaltlich insofern vergleichbar, dass als zentraler KPI meist der AIR (Average Issue Readership) verwendet wird. Er steht für die Leserschaft einer durchschnittlichen Ausgabe und wird mittels einer international vergleichbaren Logik erhoben.
Die Studiendesigns unterscheiden sich dann aber durchaus je nach Grösse und Erreichbarkeit der Bevölkerung, den verschiedenen Medienlandschaften, den Marktprioritäten oder auch den finanziellen Möglichkeiten in den einzelnen Ländern. Ein konkretes Beispiel: In Deutschland, Grossbritannien oder Belgien werden teilweise persönliche Interviews (face-to-face) durchgeführt, während die Schweiz wie Frankreich und Dänemark auf Telefon- und Onlineinterviews setzt. Gleichzeitig finden sich viele Aspekte, die uns mit anderen Ländern verbinden, wie z.B. die Kleinräumigkeit und Mehrsprachigkeit mit Belgien oder die relativ hohe Internetabdeckung mit den skandinavischen Ländern. Gerade dann ist der Austausch natürlich besonders interessant.
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