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Mehr Ängste und Sorgen: So geht es der Schweizer Bevölkerung während der Pandemie
LINK • 7. Februar 2022

Nach bereits zwei Jahren ist die COVID-19-Pandemie ein nach wie vor omnipräsentes Thema in der Gesellschaft. Nebst Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Gesundheitssystem erfährt die Bevölkerung seit Beginn der Pandemie auch Beeinträchtigungen im Bereich der psychischen Gesundheit. Um dies, insbesondere durch Beobachtungen im direkten eigenen Umfeld, zu untersuchen, hat die LINK im Januar 2021 eine Studie zur psychischen Verfassung der Bevölkerung während der Pandemie durchgeführt. Eine nun im Januar 2022 erfolgte zweite Welle der bevölkerungsrepräsentativen Befragung gibt Aufschluss darüber, wie Schweizerinnen und Schweizer die aktuelle Situation erfahren und einschätzen.
Eigenes Wohlbefinden etwas weniger getrübt als in Welle 1
In den folgenden Diagrammen sehen Sie teilweise direkt den Vergleich der aktuellen Befragung («2022») mit derjenigen des letzten Jahres («2021»). Für die Studie wurden die Befragten gebeten, jeweils einen Vergleich der aktuellen Situation mit derjenigen im Januar 2021 (bzw. Januar 2020 in der ersten Welle) zu ziehen. In der aktuellen Befragung zeigt dies, dass das eigene Wohlbefinden sich bei 27 % verbessert, jedoch auch bei 19 % verschlechtert hat. Grundsätzlich fällt der Jahresvergleich aber positiver aus als in der ersten Welle. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim wahrgenommenen Wohlbefinden von Eltern/Grosseltern sowie Kindern im Familien- und Freundeskreis. In der Altersgruppe der 15-29-Jährigen wird im Vergleich aktuell die grösste Verbesserung des eigenen Wohlbefindens wahrgenommen.
Verschlechterung der Situation von Kindern und Jugendlichen
Die Teilnehmenden der Studie wurden des Weiteren explizit gebeten, die Situation der Kinder in ihrem Familien- und Freundeskreis zu beurteilen. Hier fällt auf, dass die wahrgenommenen schulischen Leistungen, das allgemeine Wohlbefinden und der psychische Zustand der Kinder sich zwar jeweils signifikant verbessert hat, die Verschlechterung in diesen Bereichen wiegt jedoch nach wie vor stärker. Im Vergleich zum letzten Jahr wird ausserdem von 25 % der Befragten wahrgenommen, dass sich die Kinder (0-18 Jahre) seltener oder viel seltener treffen oder miteinander spielen, und von 13 % wird beobachtet, dass im Vergleich häufiger oder viel häufiger Konflikte zwischen den Kindern auftreten.
Konsum digitaler Medien auffallend höher – insbesondere bei Jungen
Auch das beobachtete Konsumverhalten im Familien- und Freundeskreis wurde abgefragt. Generell wird der Konsum von Alkohol, Tabakwaren und Medikamenten von einem Grossteil der Befragten als unverändert wahrgenommen, jedoch berichten beispielsweise noch immer 15 % von einem stärker wahrgenommenen Konsum von Alkohol. Bei Tabakwaren sind dies 8 %, bei Medikamenten ebenfalls 15 %. Eine besonders deutliche Zunahme wurde im Bereich des Konsums digitaler Medien wahrgenommen (von 44 % der Befragten). Zwar fällt die wahrgenommene Steigerung hier tiefer aus als noch in Welle 1, doch nach wie vor wird sie am deutlichsten von 15-29-Jährigen wahrgenommen – mit 51 % berichtet über die Hälfte von ihnen von einer wahrgenommenen Zunahme des Konsums digitaler Medien im eigenen Umfeld.
Weniger Sport und Bewegung bei Kindern und Jugendlichen
Spezifisch gefragt nach der Beobachtung bei Kindern im Familien- und Freundeskreis wird ausserdem von 25 % der Befragten weniger Bewegung und Sport wahrgenommen, von 19 % jedoch auch mehr. Hier wird jedoch von einem Grossteil (40 %) der Befragten ein verminderter Konsum digitaler Medien wahrgenommen.
Knapp ein Drittel kämpft mit mehr Ängsten und Sorgen
Ängste und Sorgen bei sich selbst werden nach wie vor vermehrt gemeldet, jedoch sind es mit 31 % dieses Jahr weniger als noch bei der ersten Welle. Es zeigt sich, dass diese Tendenz in allen Altersgruppen auftritt. Mit 37 % melden aktuell 15-29-Jährige den grössten Zuwachs an Ängsten und Sorgen. Auch bei Eltern und Grosseltern sowie Kindern im eigenen Umfeld werden noch immer von vielen Befragten mehr Ängste und Sorgen beobachtet, jedoch sind diese Werte jeweils tiefer als in der letztjährigen Befragung.
Berufliche Aspekte
Von Personen, die mit anderen Menschen zusammenarbeiten, wird zwar aktuell generell bei allen abgefragten Faktoren wie Produktivität der Kolleg/innen oder eigener Produktivität eine stärkere Verbesserung als in Welle 1 beobachtet, jedoch ist der Anteil der Befragten, die in allen Aspekten eine Verschlechterung feststellen, nach wie vor gross. Beispielsweise wird von 29 % der Befragten eine Verschlechterung bei der Stimmung ihrer Vorgesetzten beobachtet, und das Arbeitsklima wird von 35 % als schlechter wahrgenommen.
Generell gefragt nach der eigenen Lebensqualität berichten die Befragten ausgewogen, jedoch berichtet in allen drei Bereichen (Ernährung, Schlaf und Partnerschaft) nach wie vor ein substanzieller Teil der Teilnehmenden von einer Verschlechterung.
Psychische Probleme besonders bei jungen Generationen stark wahrgenommen
Die Studienteilnehmenden wurden auch gefragt, welche Entwicklungen sie in den letzten 12 Monaten im eigenen Umfeld beobachtet haben. Hier zeigt sich, dass noch immer ein grosser Teil der Bevölkerung beispielsweise zunehmende Selbstisolation oder eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit beobachtet. Wachsende Aggressivität wird aktuell sogar stärker wahrgenommen als in der ersten Befragung 2021. Diese Ergebnisse zeigen besonders deutlich, wie stark sich die Pandemie auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung ausgewirkt hat und nach wie vor auswirkt.
Betrachtet man die Ergebnisse gesplittet nach dem Alter der Befragten, zeigt sich, dass zunehmende Selbstisolation beispielsweise bei etwa einem Drittel aller Altersgruppen im eigenen Umfeld wahrgenommen wird. Eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit wird mit 37 % besonders von 15-29 Jährigen wahrgenommen, ebenso zunehmende Depressionen (26 %) oder Überlegungen, zum Psychiater zu gehen (19 %). Diese Ergebnisse könnten ein Indikator sein, dass insbesondere die jüngeren Generationen sich stärker zu Themen psychischer Gesundheit austauschen.
Starke Betroffenheit in vielen Aspekten
Schliesslich zeigt sich, dass ein Grossteil der Haushalte der Befragten insofern von COVID-19 betroffen waren, dass sie beispielsweise Sport und Hobbies nicht nachgehen konnten oder Ferien verschieben mussten. Jedoch hat sich die Betroffenheit in allen abgefragten Aspekten im Vergleich zur ersten Welle etwas verringert.
Alle Charts und Studieninformationen finden Sie im verlinkten Dokument. Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Die Studie im Überblick
Methode: Online-Befragung über das LINK Panel
Grundgesamtheit: In der Deutsch- und Westschweiz wohnhafte sprachassimilierte Personen im Alter von 15–79 Jahren. Die Stichprobe wurde nach Alter, Geschlecht und Region repräsentativ quotiert und gewichtet (gemäss aktueller BfS-Bevölkerungsstatistiken).
Studienzeitraum: 19. – 24. Januar 2022
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