Studien • Medienforschung
SRG-SSR-Radioprogrammanalyse 2021: So gestalten sich die Sender der Westschweiz
LINK • 4. Oktober 2022

Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) ist durch das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) und die SRG-Konzession unter anderem zur Sicherstellung einer umfassenden, vielfältigen und sachgerechten Berichterstattung, zur Förderung der schweizerischen Kultur sowie zur Unterstützung des Austausches zwischen den Landesteilen und Sprachgemeinschaften verpflichtet. Wie diese Anforderungen in den Radioprogrammen der SRG SSR berücksichtigt werden, lässt das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) in jährlichen Abständen mit jeweils wechselndem sprachregionalem Schwerpunkt von externen Fachstellen überprüfen. Nachdem 2020 die Deutschschweizer Radioprogramme durch die LINK (in Kooperation mit dem Medien Institut Prof. Vlašić) analysiert wurden, waren 2021 die Radioprogramme der Westschweiz an der Reihe.
Schwerpunkt der Untersuchung bilden die aus den gesetzlichen und konzessionellen Vorgaben abgeleiteten Leistungsindikatoren, darunter Informationsanteil, Themen-, Meinungs- und Formenvielfalt sowie Regionalbezug. Die SRG-SSR-Radioprogrammanalyse verwendet die kommunikationswissenschaftliche Methode der quantitativen Inhaltsanalyse. Die analysierte Stichprobe setzt sich aus den Programminhalten zusammen, die auf den vier RTS-Radiosendern an jeweils sieben Stichtagen in der Zeit zwischen 5.00 Uhr und 24.00 Uhr ausgestrahlt wurden. Die Stichtage wurden in Form einer künstlichen Woche gezogen.
Konstante Leistung der RTS-Radiosender
Die programmliche Leistung der RTS-Radiosender blieb im Zeitverlauf weitgehend stabil. Ein zentraler Kennwert entwickelte sich allerdings rückläufig: Der durchschnittliche Informationsanteil der RTS-Programme ist seit 2018 um 2 Prozentpunkte gesunken und liegt nun bei 27 %. Dieser Rückgang lässt sich auf Veränderungen in zwei RTS-Programmen zurückführen: Bei Option Musique nahm die Informationsleistung geringfügig, bei Espace 2 sogar deutlich ab. Der Kultursender verringerte seinen Informationsumfang um 9 Prozentpunkte zugunsten seines Musikanteils. Diese Umorientierung dürfte mit der kürzlich erfolgten Programmrestrukturierung von Espace 2 zusammenhängen, fügt sich aber auch nahtlos in die Beobachtung der Untersuchung aus dem Jahr 2018 ein, der zufolge der Informationsgehalt des Senders bereits zwischen 2015 und 2018 deutlich abnahm.
Laut ihrer Konzession haben die Sender der SRG SSR «insbesondere über politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und soziale Zusammenhänge» zu informieren. Diese Themenbereiche werden in den RTS-Programmen in einem äusserst hohen Mass abgedeckt (88 %). Im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 2018 ist der Anteil dieser «harten Themen» tendenziell sogar noch gestiegen. Intensive Beachtung erfahren dabei die Bereiche Kultur, Gesellschaft und Politik; Wirtschaftsthemen hingegen werden eher selten aufgegriffen. Im Hinblick auf die Themenauswahl fallen bei Espace 2 erneut Veränderungen ins Auge: Die früher stark ausgeprägte Schwerpunktsetzung auf kulturelle Themen nahm deutlich ab. Damit büsst der Sender seine bisherige Spitzenposition unter den SRG-Radioprogrammen ein: Espace 2 sendet nun prozentual (etwas) weniger Kulturthemen als sein deutschsprachiges Pendant SRF 2 Kultur, aber noch immer etwas mehr als der italienischsprachige Kultursender Rete 2.
Die langjährigen charakteristischen Unterschiede im Hinblick auf die thematische Ausrichtung der sprachregionalen Senderfamilien lassen sich auch 2021 feststellen: In Summe spielen Kulturthemen in den RTS-Programmen weiterhin eine wesentlich grössere Rolle als in den deutschsprachigen SRG-Programmen und eine etwas bedeutendere als in den italienischsprachigen. Wirtschaftsthemen wird auch 2021 auf den RTS-Sendern deutlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt als auf den RSI- und insbesondere den SRF-Sendern.
Fast ein Zehntel aller Informationsinhalte behandelte COVID-19
Im Rahmen der Themenanalyse wurden ausgewählte thematische Aspekte differenziert untersucht, denen eine besondere Relevanz im Rahmen der Konzession zugeschrieben wird, darunter der Austausch zwischen den Schweizer Landesteilen bzw. zwischen verschiedenen Kulturen innerhalb der Schweiz sowie die Schweizer Kulturproduktion. Letztgenannte wird auf allen Sendern – teils sehr ausführlich und facettenreich – behandelt. Am umfangreichsten berichtet Espace 2 über das einheimische Kulturschaffen. Allerdings hat der Sender – einhergehend mit der Reduktion seiner Sendezeit für Informationsinhalte – auch die Zeit reduziert, innerhalb derer er seine Hörerschaft über dieses konzessionsrelevante Thema informiert. Die übrigen untersuchten Einzelaspekte kommen in den RTS-Programmen – wie schon in den Vorgängerstudien – nur sporadisch vor.
Obwohl das Jahr 2021 weniger stark von der Corona-Pandemie geprägt war als das Vorjahr, schenkten die RTS-Journalist/innen der Pandemie und ihren Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur vergleichsweise viel Aufmerksamkeit. Fast ein Zehntel aller RTS-Informationsinhalte thematisierte Aspekte rund um die Corona-Krise. In einem weiteren knappen Zehntel wurde die Pandemie am Rande erwähnt, war aber nicht zentrales Thema des Beitrags.
Untersucht man das RTS-Programm mit Blick auf die konzessionell eingeforderte Vielfalt, lassen sich für die Themenvielfalt im Zeitverlauf kaum Veränderungen feststellen: Die RTS-Sender präsentieren ihren Hörenden auch 2021 eine breite Palette verschiedener Themen in ihren Informationsinhalten.
Weitere Studienergebnisse sowie den kompletten Abschlussbericht finden Sie auf der Seite des BAKOM. Die Ergebnisse aus den Jahren 2020 und 2021 können zudem in einem interaktiven Dashboard abgerufen werden.
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