Umfrage zum Fernunterricht: Mehrheit der über 23.000 Befragten sind zufrieden
LINK • 15. Oktober 2020

Erstmals musste der Schulunterricht 2020 als Fernunterricht durchgeführt werden. Corona bedingt gewannen neue Lehr- und Lernformen und die Nutzung digitaler Medien für Unterricht und Ausbildung enorm an Bedeutung. Als einziger Kanton schweizweit hatte das Luzerner Bildungs- und Kulturdepartement vom 8. Juni bis 8. Juli eine breit angelegte Umfrage von der LINK durchführen lassen (LINK berichtete). An dieser kantonsweiten Befragung haben 15’785 Lernende, 3691 Lehrpersonen, 172 Schulleitungsmitglieder, 2374 Eltern und 1231 BerufsbildnerInnen teilgenommen.
Insights der Studie
Insgesamt positive Ergebnisse
Knapp 80% aller Befragten – über alle Stufen hinweg – waren mit dem Fernunterricht zufrieden. Als Gründe dafür werden die guten technischen Voraussetzungen seitens der Schulen, klare Lern- bzw. Arbeitsaufträge wie auch die mehrheitlich gute Erreichbarkeit der Lehrpersonen angegeben.
60% der Lernenden gaben an, dass sie die zeitliche Flexibilität und die vermehrte Freizeit schätzten, ebenso, dass das Pendeln zum Schulort wegfiel und sie mehr Zeit mit der Familie verbringen konnten. 36% der Schülerinnen und Schüler fanden es gut, den Lernort frei wählen zu können und fühlten sich insgesamt weniger unter Druck. Ein Viertel von ihnen gab zudem an, nun besser mit digitalen Tools umgehen zu können. Dieser letzter Punkt schwingt bei den befragten Lehrpersonen obenauf: er ist als erster Punkt bei den positiven Bewertungen mit 63% genannt – gefolgt von der zeitlichen Flexibilität und dem Wegfall des Pendelns.
Negative Punkte
Sowohl bei den Lehrpersonen wie auch bei den Schülerinnen und Schülern aller Stufen – gaben 60% der Befragten als ersten negativen Punkt rund um den Fernunterricht, die fehlenden sozialen Kontakte während der Schulschliessung an. Zudem wurden Konzentrationsschwierigkeiten bei 36% der Lernenden als negativer Faktor genannt. Die Trennung zwischen Arbeit und Privatem war hingegen bei 46% der Lehrpersonen eine grosse Schwierigkeit. Aber auch bei den Lernenden gaben 16% an, Probleme bei diesem Punkt zu haben.
Mehr Selbständigkeit gefordert
Der Fernunterricht verlangte allen Beteiligten auch einiges an Selbständigkeit ab. Hier zeigen die Umfragewerte, dass die Lernenden und Lehrpersonen der Volksschule fast zur Hälfte angaben, selbständiger zu arbeiten als im Präsenzunterricht, die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten zu 75%, die Lernenden der Berufsfachschulen zu 65%. Die Studierenden der drei Luzerner Hochschulen arbeiteten zu 68% selbständiger.
Schulische Leistung
Rund 15% der Lernenden der Volksschule, der Gymnasien und der Berufsfachschulen gaben an, dass sie zuhause bessere Leistungen als im Präsenzunterricht erbringen konnten, für eine Gruppe zwischen 56% und 42% sind es immerhin die gleich guten Leistungen. Lehrpersonen schätzen dies etwas anders ein: nur 4 bis 7% – je nach Stufe – sind überzeugt, dass die Lernenden bessere Arbeit liefern als im Präsenzunterricht, rund 40% beurteilen die Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler als gleich gut oder gar schlechter.
Leichte Zustimmung für gemischte Unterrichtsformen
Die Lehrpersonen aller Stufen können sich zu einem Drittel zumindest vorstellen, in Zukunft den Unterricht zu 75% als Präsenzunterricht und 25% als Fernunterricht zu gestalten. Die Eltern der Volksschulkinder zeigen sich gemäss der Umfrage zu 37% offen für zumindest einen 25%-Anteil Fernunterricht
«Diese Antworten haben mich positiv überrascht», erläutert Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann. «Offenbar haben es die Eltern auch geschätzt, dank dem Fernunterricht einen vermehrten Einblick in den Schulalltag ihrer Kinder zu erhalten. Und auch bei den oberen Schulstufen besteht eine gewisse Zustimmung, über neue Schulformen nachzudenken und digitalen Unterricht – oder ausserschulische Lernorte – zumindest teilzeitlich beizubehalten.»
Digitalisierung im Bildungsbereich weiter verstärken
Geplant ist ein einheitliches Softwaretool für digitale Prüfungen an Gymnasien und Berufsfachschulen. Auf das Thema selbst organisiertes Lernen wird ein spezielles Augenmerk gelegt: hier sollen entsprechende Unterrichtskonzepte entwickelt werden, allenfalls sogar mit einem fixen Anteil Fernunterricht in den oberen Schulstufen – dessen Anteil aber noch zu definieren ist.
Handlungsfelder für die Zukunft
Die Luzerner Schulen waren bereits vor der Corona-Krise bezüglich Digitalisierung gut aufgestellt und der Fernunterricht hat unter dem Corona-Regime glücklicherweise gut funktioniert. Nun muss allerdings der Fokus auf inhaltliche Themen gelegt werden, so Marcel Schwerzmann.
«Wir wollen verschiedene Themen wie selbständiges Arbeiten mit neuen Lernformen, geeignete Online-Tools, die Rolle der Lehrpersonen sowie der teilzeitliche Einsatz von digital unterstütztem Unterricht in den oberen Schulstufen weiterentwickeln.»
Marcel Schwerzmann, Bildungs- und Kulturdirektor Kanton Luzern
Fazit: Es gilt, pädagogische Inhalte internettauglich oder fernunterrichttauglich zu machen, wie auch eine allfällig neue Rolle der Lehrpersonen als «Unterstützer und Vermittler für Fernunterricht» zu schärfen und zu schulen. Wichtig sind – und das hat die Umfrage klar hervorgebracht – nach wie vor die sozialen Interaktionen zwischen Lernenden und Lehrpersonen sowie die Tatsache, dass Schule auch ein realer Ort, ein Begegnungsplatz ist.
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